Regelmäßig kommt aus der Politik der Vorschlag einer Finanztransaktionssteuer. Doch bis jetzt wurde eine solche noch nicht eingeführt. Konkrete Pläne gibt es jedenfalls schon.
Wie diese Pläne aussehen, was eine Finanztransaktionssteuer im Allgemeinen ist und was sie für dich als Kleinanleger bedeuten würde, erfährst du in diesem Beitrag.
Was ist eine Finanztransaktionssteuer?
Ganz Allgemein gesagt ist eine Finanztransaktionssteuer eine Steuer auf börsliche und außerbörsliche Finanztransaktionen, die zu den Verkehrssteuern gehört.
Die ursprüngliche Idee einer Finanztransaktionssteuer für den Aktienmarkt geht auf John Maynard Keynes zurück, der diese nach der Great Depression vorschlug, damit sich Unternehmen mehr auf die langfristige Gewinnmaximierung fokussieren könnten und nicht von kurzfristigen Spekulationen mit ihren Aktien betroffen seien.
Die Great Depression in den USA löste als Folge die Weltwirtschaftskrise aus. Als ursprünglicher Auslöser für die Great Depression wird der Börsencrash an der Wall Street im Oktober 1929 (Schwarzer Donnerstag) angesehen. Eine Spekulationsblase war geplatzt.
Die konkrete Idee der EU-Finanztransaktionssteuer
Schon seit längerem gibt es die Idee einer Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene. 2011 gab es erste Bemühungen, eine einheitliche Besteuerung der Transaktionen mit Wertpapieren aus dem EU-Land einzuführen.
Der Steuervorschlag sah damals vor, den Handel mit Aktien und Anleihen mit 0,1 % und den Handel mit Derivaten mit 0,01 % zu besteuern. Begründet wurden die Pläne damit, dass aufgrund der Finanzkrise rund 4,6 Milliarden Euro in den Finanzsektor geflossen seien und dieser nun einen fairen Beitrag leisten solle.
Im weiteren Verlauf gelang es allerdings nicht, die Steuer EU-weit einzuführen, da einige Mitgliedsstaaten dagegen waren. Momentan gibt es eine umfassende Finanztransaktionssteuer deshalb nur in Frankreich und Italien.
Heutzutage wird hauptsächlich das Argument genutzt, dass mit der Steuer Hochfrequenzhandel verhindert werden kann und sich so das Risiko weiterer Börsencrash verringern würde. Die Finanztransaktionssteuer soll Spekulationen und kurzfristiges Handeln mit Wertpapieren also unattraktiver machen.
Pläne auf nationaler Ebene
Zusätzlich zu den Vorschlägen für die EU gibt es auf nationaler Ebene Pläne. SPD-Finanzminister Olaf Scholz wurde im Rahmen des Koalitionsvertrags nach der Bundestagswahl 2017 damit beauftragt, eine Finanztransaktionssteuer einzuführen.
Er orientierte sich für seinen Vorschlag an der Handhabung in Frankreich. Folgende Eckpunkte sollte eine Finanztransaktionssteuer nach seinen Plänen haben: 0,2 % Steuern auf Aktienkäufe und -verkäufe großer Unternehmen mit mehr als einer Milliarde Euro Marktkapitalisierung. Derivate würden von Scholz seiner Finanztransaktionssteuer nicht betroffen sein. Das steht eindeutig im Widerspruch mit dem eigentlich „vorgegebenen“ Ziel der Steuer, den Hochfrequenzhandel zu verhindern.
Olaf Scholz sendete seinen Vorschlag an die EU-Mitgliedsstaaten, um die Steuer möglichst EU-weit einzuführen. Außerdem war für Deutschland geplant, die Mehreinnahmen durch die Steuer für die Finanzierung der von der GroKo Anfang 2021 eingeführten Grundrente zu nutzen.
Wenn es zu einer Finanztransaktionssteuer kommen würde, wolle Olaf Scholz laut einem Dokument die Kleinanleger im Gegenzug steuerlich entlasten, indem er den Sparerfreibetrag um 50 Euro erhöht und einen neuen „Altersvorsorgepauschbetrag“ in Höhe von 30 Euro pro Jahr einführt.
Finanztransaktionssteuer: Der aktuelle Stand der Dinge
Nachdem der Gesetzesentwurf der EU-Kommission für eine Finanztransaktionssteuer im Jahr 2011 scheiterte, da nicht alle Mitglieder der EU einverstanden waren, tat sich bis Ende 2019 nicht viel.
Seit 2013 versucht eine Gruppe von anfangs elf und jetzt zehn EU-Staaten, vergeblich eine gemeinsame Steuer auf den Weg zu bringen.
Am 9. Dezember 2019 legte Olaf Scholz schließlich einen neuen Gesetzesentwurf für die geplante Finanztransaktionssteuer vor, der anschließend an die europäischen Partner gesendet wurde. Nach viel Kritik an dem Entwurf überarbeitete er diesen im Frühjahr 2020 noch einmal.
Trotzdem schaffte er es nicht, eine Finanztransaktionssteuer nach seinem Vorschlag EU-weit einzuführen. Es scheiterte wieder an anderen Mitgliedsstaaten, die nicht einverstanden waren.
Aufgrund dessen sieht es bis jetzt nicht danach aus, dass in naher Zukunft eine Finanztransaktionssteuer auf EU-Ebene eingeführt wird. Das schließt allerdings nicht aus, dass dies für Deutschland geschehen könnte.
Portugal versucht es aufs Neue
Portugal, eines der zehn EU-Länder, die gemeinsam das Projekt der Finanztransaktionssteuer voranbringen möchten, gibt nicht auf.
Momentan versucht das Land aufs Neue, die Debatte über eine EU-weite Steuer zu Ende zu bringen. Im ersten Halbjahr 2021 hatte Portugal die EU-Ratspräsidentschaft übernommen und wollte die Finanztransaktionssteuer zu einem der Hauptthemen machen. Dafür hatten die Portugiesen ein 20-seitiges Diskussionspapier an die anderen Mitgliedsstaaten verschickt.
In dem Diskussionspapier wird vorgeschlagen, sich an einem bereits erprobten Steuerkonzept wie dem von Frankreich oder Italien zu orientieren. Außerdem solle die Finanztransaktionssteuer schrittweise eingeführt werden.
Anscheinend ist bis jetzt aber nicht viel passiert.
Dennoch werden sich die EU-Mitgliedsstaaten früher oder später wieder mit der Idee einer Finanztransaktionssteuer auseinandersetzen müssen. Im EU-Parlament wurde nämlich beschlossen, dass die EU-Kommission bis 2024 entsprechende Vorschläge machen soll, wie man die aufgrund der Corona Pandemie aufgenommen Milliarden-Schulden in den kommenden Jahren zurückzahlen kann. Für dieses Ziel soll die EU neue Einnahmequellen erhalten – unter anderem ist dafür auch wieder eine Aktiensteuer im Gespräch.
Falls sich die zehn Mitgliedsstaaten nicht bereits vorher auf eine einheitliche Steuer einigen, wird die Finanztransaktionssteuer spätestens im Jahr 2024 wieder ein Verhandlungsthema sein.
Auch hier gilt wieder, dass alle Mitgliedsstaaten der EU einverstanden sein müssten, bevor die Steuer EU-weit eingeführt wird. Ob das der Fall sein wird, ist fraglich.
Ein Blick in die Vergangenheit
In Deutschland wird schon seit dem Jahr 2000 eine Finanztransaktionssteuer gefordert, allen voran durch die globalisierungskritische Organisation Attac.
Ebenfalls wollen die Die Linke, Bündnis90/Die Grünen und die SPD seit Jahren eine solche Steuer einführen. Im Sommer 2011 entschloss sich zusätzlich die CDU/CSU dazu, die Idee einer Finanztransaktionssteuer zu unterstützen. Sogar die AfD unterstützt das Vorhaben. Lediglich die FDP lehnt eine solche Steuer ab.
Im November 2011 sprach sich der Bundesrat für eine Einführung einer EU-weiten Steuer aus und nach der Bundestagswahl 2013 landete die Finanztransaktionssteuer als ein wichtiges Thema im anschließenden Koalitionsvertrag. Die Steuer solle im Rahmen einer verstärkten Zusammenarbeit in Europa eingeführt werden und auf den Handel mit fast jedem Wertpapier anfallen.
Eine Einführung klappte in der anstehenden Legislaturperiode nicht, weshalb im Koalitionsvertrag nach der Bundestagswahl 2017 erneut festgehalten wurde, dass man die Finanztransaktionssteuer einführen und die Verhandlungen zum Abschluss bringen möchte.
Wäre die Finanztransaktionssteuer eine Aktiensteuer?
Im Grunde genommen kann man den Vorschlag von Olaf Scholz für eine Finanztransaktionssteuer als Aktiensteuer bezeichnen.
Die wirklichen Spekulanten und Hochfrequenzhändler, die mit Derivaten handeln, wären von ihr nämlich nicht betroffen. Somit würde die Steuer auch nicht ihren eigenen Zweck erfüllen und wäre schlichtweg eine weitere Möglichkeit des Staates, an das Geld seiner Bürger zu kommen.
Eine solche Steuer träfe vor allem uns Kleinaktionäre, die pro Aktienkauf und -verkauf draufzahlen müssten.
Was für Auswirkungen hätte sie auf Kleinanleger?
Welche genauen Auswirkungen eine Finanztransaktionssteuer gemäß diesem Vorschlag für uns Kleinanleger hätte, ist nicht ganz klar. Olaf Scholz hat bisher nämlich ordentlich Kritik für seinen Vorschlag geerntet und könnte in Zukunft nochmal Änderungen an seinen Plänen vornehmen.
Generell muss damit gerechnet werden, dass Aktien aus Deutschland deutlich unattraktiver werden, ETFs und Fonds mit Fokus auf den deutschen Aktienmarkt höhere Gebühren verlangen und die Gesamtrendite geschmälert werden würde.
Gerade die Kleinanleger unter uns, die sich für das passive Investieren über Fonds entschieden haben, könnten zu den Leidtragenden zählen. Die Gebühren bei einer fondsinternen Umschichtung von deutschen Aktien würden sich bei der Einführung der Finanztransaktionssteuer nämlich deutlich erhöhen.
Die eventuell geplante Erhöhung des Sparerpauschbetrags um 50 Euro ist hierbei lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein. Privatanleger würden bei der Einführung einer Aktiensteuer in jeglichen Bereichen belastet werden, bei denen Geld investiert wird (Aktien, Anleihen, ETFs, Fonds und die betriebliche Altersvorsorge).
Gerade in Hinblick darauf, dass die gesetzliche Rente nicht mehr unbedingt als sicher angesehen werden kann, wäre das ein Tritt in das Gesicht aller Kleinaktionäre.
Wie könnte ich die Finanztransaktionssteuer zukünftig umgehen?
Sollte die Finanztransaktionssteuer wirklich eingeführt werden, ist es natürlich eine interessante Frage, ob man diese umgehen kann.
Glücklicherweise gibt es dafür ein paar Möglichkeiten, sodass dem Handel mit den entsprechenden Aktien nicht wirklich ein Riegel vorgeschoben wird:
- Ausweichen auf andere Finanzplätze
- von der Steuer betroffene Wertpapiere meiden
- anstatt der richtigen Aktie Finanzderivate auf diese kaufen
Aktiengeschäfte können relativ einfach ins Ausland verlagert werden, sodass die Steuer unter Umständen nicht eingezogen werden würde.
Eine weitere Möglichkeit ist, Finanzderivate auf die betroffenen Aktien zu kaufen, sodass du nicht die tatsächliche Aktie, sondern lediglich die Rechte, diese zu kaufen oder zu verkaufen, erwirbst. In diesem Fall würde die Finanztransaktionssteuer nicht anfallen, da Derivate nach jetzigem Stand nicht von der Aktiensteuer betroffen wären.
Bevor du in Derivate investierst, solltest du dich jedoch etwas genauer in das Thema einlesen, weil es sich um Anlageobjekte für Fortgeschrittene handelt.